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Einmal um die Welt - Was bleibt?!

Es ist nun über ein Jahr her, dass wir uns auf den Weg in die südliche Hemisphäre gemacht haben und dem deutschen Winter Adée sagten. Vor ziemlich genau einem Jahr spazierten wir auf dem Inselstaat Vanuatu über einsame Inseln und ausbrechende Vulkane.

Ich werde momentan oft gefragt wie es sich für mich anfühlt, wieder hier zu sein und dieses "Aufbruchs-Jubiläum" zu haben. Wie erging es uns beim Wieder-Ankommen, wie haben wir die letzten Monate empfunden, usw. Deswegen habe ich beschlossen, dass ich einen letzten Blogeintrag verfasse und versuche, meine Gedanken hier noch einmal zu Papier zu bringen.

Vor allem der Anfang unserer Reise hätte für uns damals kontrastreicher nicht sein können.

Als wir ins Flugzeug stiegen, katapultierten wir uns beide gleichsam aus einem Alltag, der in den letzten Monaten ganz schön anstrengend für uns gewesen war - und landeten in einer Welt, in der fließendes Wasser und Strom noch etwas Besonderes darstellen. Vor allem die Zeit auf der kleinen Insel Pele hat uns sehr beglückt und wir denken auch heute noch oft an unsere kleine Hütte am Strand.

Wenn ich jetzt an die Zeit in Vanuatu zurückdenke, dann kommt mir das ein bisschen wie ein Traum vor. Das mag damit zusammenhängen, dass es unser erster Stopp auf einer monatelangen Tour war und wir uns dort nur verhältnismäßig kurz aufhielten. Vielleicht aber auch, weil wir noch gar nicht so richtig begriffen haben, welches Abenteuer gerade begonnen hatte! Momentan fühlte es sich noch an, wie eine etwas außergewöhnlichere Reise, die man während seines Jahresurlaubs wahrscheinlich eher nicht unternehmen würde, aber könnte!

Wenn ich jetzt, in Anbetracht dessen, was auf Vanuatu noch alles folgte, darüber nachdenke, was für mich in der gesamten Zeit das Tollste war, was ich für mich und was wir für uns mitgenommen haben, dann war es die Entdeckung der Zeit.

Es war in Tasmanien, als ich plötzlich gecheckt habe, dass ich nirgendwo mehr hin muss.

Wir waren jetzt ungefähr sieben Wochen unterwegs und dieses raue, einsame, verwunschene und wilde Stückchen Erde im Süden Australiens, hat uns jeden Tag aufs Neue vielfach überrascht und erfreut. Eine sich so schnell wechselnde Landschaft mit so vielen atemberaubenden Gegenden und Naturwundern, mit so einer vielseitigen Tierwelt und so netten Bewohnern gibt es nicht noch einmal! Die regnersichen Wanderungen durch die Wälder, die Abende am Lagerfeuer mit den Tassies und die stundenlangen Spaziergänge an einsamen, kilometerlangen, farbenfrohen Stränden haben unsere Reise, die wir mit unserem geliebten Hippiebus unternommen haben, geprägt.

Hier sind wir einfach losgefahren ohne ein Ziel zu haben, hier waren wir in der Wildnis. Und hier sind wir zum ersten Mal bewusst auf unserer Reise angekommen. Und das werde ich Tasmanien nie vergessen. Es hat Klick gemacht und plötzlich waren wir ganz nah bei uns. Hinfort waren die Sorgen und Nöte der vergangenen Monate, wir waren offen für alles das, was noch auf uns zukommen sollte. Aber vor allem, und das war das Wichtigste, waren wir offen für das Hier und das Jetzt.

Das größte Geschenk, das mir diese Reise gemacht hat, waren 212 Tage, die nur wir zwei alleine füllen durften. Jeder Tag, jede Minute war so wertvoll, so lang und so besonders, dass sich jeder Tag 24 Stunden lang zu leben gelohnt hat. Den Augenblick zu erkennen und zu schätzen, das hat mich die Reise gelehrt. Einfach Da-Sein und nicht an Morgen denken und an alles was man noch machen sollte oder hätte machen können.

Jeder Tag war ein Geschenk und jeder Tag ist ein Geschenk - es ist eine so einfache Wahrheit, so dass es sich ein bisschen albern anfühlt, sie so betont aufzuschreiben. Aber man neigt dazu, diese Wahrheit zu vergessen; da denkt man nur an Pflichten und To-Do-Listen und zack ist wieder ein Jahr rum. Dieser Klick-Moment war nur so kurz, aber er war wohl der wichtigste Augenblick während der gesamten Zeit. Es war ein Moment, der mich gleichzeitig befreit und schockiert hat. Ich war innerlich voller Glück, doch er hat mir gezeigt, wie sehr wir in unserem "Normalzustand" verhaftet sind, wie wir funktionieren, an alles denken müssen und wie gestresst wir dadurch werden. Man läuft in seinem Hamsterrädchen und denkt man kommt vorwärts.

Der wahre Luxus ist aber der Stillstand. Der Moment, einfach nur zu atmen und zu sein.

Das Schöne an einer Reise ist die Ungeplantheit, die Chance, spontan zu sein, wenn man es möchte. Hinzu kommt das Unerwartete, das einem das Unterwegssein bereichert. Das, was das Reisen ausmacht, ist so simpel wie wahr: es ist ersatzlos. Jeder Moment könnte anders nicht verlaufen. Aber wenn wir ihn nicht erleben würden, würden wir es nicht unbedingt glauben. Das kann man sowohl auf das Kleine, als auch auf das Große beziehen. Uns Schnelllebigen fehlt glaube ich häufig die Begabung des Entschleunigen. Zumindest ist es bei mir so. Und auf dieser Reise habe ich es zum ersten Mal richtig geschafft. Es tut gut, von der heimischen Schnelligkeit und Schnelllebigkeit wegzukommen und das Tempo selbst zu bestimmen. Wir leben ja in einer Zeit, in der ein Ereignis das nächste jagt und jedes Event in Szene gesetzt wird, nur um bald wieder überholt worden zu sein. Fast Jeder hat in seinem Beruf mit Medien zu tun, die täglich das eigene Weltbild auf die ein oder andere Weise prägen. In Zeiten von Twitter und Facebook muss man ständig der Erste und der Schnellste sein, bei dem was man tut, sonst macht's ein Anderer und den Zweiten hört man nicht mehr. Bei diesem ganzen Tempomachen vergisst man einfach auch mal auf die Bremse zu treten, innezuhalten und mal nach links und nach rechts zu gucken.

Das Leben ist zu kurz! Das weiß Jeder.

Natürlich benötigen gewisse Dinge in unserem Leben ihre Zeit, man kann nur selten etwas von heute auf morgen verändern oder beschleunigen. Aber man kann sofort mit etwas Neuem beginnen, wenn man das möchte.

Ich habe mir persönlich vorgenommen, alles das auszuprobieren und zu tun, was ich auch will, und meine Ängste zu überwinden. Denn zum Unglücklichsein und Funktionieren sind wir nunmal nicht auf der Welt.

Bei uns ist es irgendwie üblich immer skeptisch zu sein und erstmal zu zweifeln. Wir denken, wenn wir uns vorstellen, etwas neues zu versuchen, sofort ans Scheitern. Es wird immer erst gefragt: Wie soll das gehen? Was versprichst du dir davon, wie soll das funktionieren und ist das auch alles gut durchdacht? Wieso fragen wir nicht eigentlich auch mal anders herum? Wieso sollten Sachen eigentlich nicht klappen? Wir haben auf der Welt so viele Leute kennengelernt, die eine Idee hatten und einfach losgelegt haben. Es ist kein Weltuntergang wenn Pläne nicht aufgehen. Aber sie können aufgehen!

Wenn man etwas möchte, dann sollte man es auch probieren. Wie können wir wissen, ob etwas klappt oder nicht klappt, wenn wir uns alleine von der Möglichkeit des Scheiterns zurückschrecken lassen?

Trotz der vielen Monate, die wir hatten, haben wir doch nur einen Bruchteil dessen gesehen, was wir uns eigentlich vorgestellt hatten. Ich interpretiere das aber heute als persönlichen Sieg. Denn wenn man so die Reiseführer durchblättert, dann gelangt man doch schnell wieder in dieses Denken à la "das muss ich sehen" und "das müssen wir noch machen" ... Vor allem in Städten neigt man dazu, durch die Angaben von Sehenswürdigkeiten, in absolute Hektik zu verfallen. Das kennt jeder, der schon Städtetrips am Wochenende gemacht hat. Man hetzt von A nach B, am Ende tun die Beine weh, aber man hat das befriedigende Gefühl zu meinen, Alles oder zumindest Fast Alles gesehen zu haben. Was ist denn das für ein Quatsch! Damit haben wir irgendwann einfach so gut wie aufgehört und stattdessen nur gewählte Touren geplant und uns dann treiben gelassen. Die meiste Zeit waren wir ohnehin in der Natur unterwegs, da haben wir uns dann mal einen Nationalpark, bestimmte Wanderungen oder Strecken vorgenommen, aber passiert sind ohnehin nur unvorhersehbare Dinge!

Das hätte ich zum Beispiel vor der Reise nicht unbedingt von mir erwartet. Ich habe nämlich auch diesen Drang in mir, möglichst alles oder viel zu entdecken. "Wenn man schonmal hier ist..."

Doch, ich bin ein wenig gelassener geworden! Und das habe ich unter anderem auch meinem lieben Götz zu verdanken, der den Genuss als Höchstes Gut im Leben wahrnimmt! Dicht gefolgt von Schlafen! Wenn wir also zusammen unterwegs sind, dann macht es überhaupt keinen Sinn, auf die Zeit zu drängen oder sich Pläne zu schmieden. Es kommt eh alles ganz anders - und das ist auch gut so! Aus diesem Grund haben wir uns eigentlich so gut wie nie gehetzt und jeden süßen Moment des Unterwegsseins ausgekostet. Pura Vida!

Nichtsdestotrotz haben wir uns natürlich das ein oder andere Mal gefragt, ob die Reise an sich ein Lebenskonzept für unser gesamtes Leben sein könnte.

Vor allem am Ende unserer Reise, wurden wir von vielen Leuten gefragt, wie wir uns so kurz vor der Heimkehr fühlen würden. Wir haben dann immer geantwortet, dass wir uns sehr auf die drei F's freuen: Family, Friends and Food.

Denn nicht nur das Unterwegssein macht glücklich, sondern auch das Wiederkommen!

Das Reisen und das Leben zeichnen sich durch Wiedersehen und Abschiede aus. Das ist genauso unerträglich wie schön, doch am Ende ist es auch genau das, was Heimat ausmacht. Man kann noch so lange unterwegs sein, am Ende kommt man doch irgendwie wieder nach Hause zurück. Und zu Hause verbindet man nunmal mit Freunden und Familie.

Ich glaube ehrlich gesagt, dass so eine Reise nie richtig aufhört. Zum einen weil wir beide zu dem Typ Mensch gehören, der gerne und viel unterwegs ist. Zum anderen, weil das jetzt mal was war, was uns echt auch Mut für unsere Zukunft gebracht hat.

Als wir auf unserem allerletzten Flug die Welt umrundet haben, da haben wir sofort von unserer 1. Weltumrundung gesprochen. Ich denke es ist nur eine Frage der Zeit, wann es für uns weitergeht.

Wir müssen uns im Leben immer wieder die Frage stellen, was uns glücklich macht und welche Umgebung es tut.

Es gibt dieses eine Sprichwort, das besagt, dass die Wege erst dann entstehen, wenn wir sie gehen. Das stimmt irgendwie. Aber ich glaube trotzdem daran, dass die Anfänge dieser Wege in unserem Inneren losgehen und sich uns durch unsere Neugier, Lust und Wünsche öffnen.

Unterwegs spürt man die Energie des Lebens so viel mehr als zu Hause. Man läuft viel aufmerksamer und hinter jeder Ecke kann das nächste Wunder auf einen warten. Und meistens wartet es auch. Es ist der unerwartete und plötzliche Zauber, der das Unterwegssein bestimmt. Und das ist es auch, was bleibt. Das ist es, was ich vermisse, wenn ich Montagmorgens aus der Dusche steige und mich fertig mache fürs Büro. Das ist es, an was ich denke, wenn ich nach dem gefragt werde, was bleibt. Es ist die Freiheit, der süße Duft der Planlosigkeit, die Unwissenheit über das, was nächste Stunde oder morgen passieren wird.

Wie kann man jetzt all das, die Unbeschwertheit und die Leichtigkeit bei uns in den eigenen Alltag integrieren? Was bleibt uns also am Ende wirklich, von unseren Erfahrungen und guten Vorsätzen?

Als ich wiederkam, sagte mir ein Freund, dass ich meine Frische, meine Energie und meine Vorsätze, die ich mitgebracht habe, sofort in meine Tagesabläufe einbauen muss. Denn es sind die Dinge, die wir jeden Tag tun (oder auch nicht tun), die für uns am Ende den Unterschied machen. Es ist ja schön und gut, dass wir langfristige Ideen entwickelt haben, aber da müssen wir auch erstmal hinfinden, und der Anfang zum Ziel ist immer JETZT.

Für mich vergeht eigentlich kaum ein Tag, an dem ich nicht an unsere Reise denke. Ich bin total dankbar für das, was wir erlebt haben und erleben durften!

Nun ist wieder der Winter angebrochen. Er hat uns kalt erwischt, im wahrsten Sinne des Wortes, aber darauf hatten wir uns innerlich schon vorbereitet. Diesen Preis muss man nach eineinhalb Jahren Sommer wohl zahlen. Doch auch wenn es draußen kalt ist und regnet oder schneit, in unserem Herzchen scheint das Sönnchen. Wir sind frei, dahin gehen zu können wo wir hingehen wollen. Ich bin mir sicher, dass wir das auch weiterhin immer dann tun werden, wenn wir es können! Zumindest ist der Anfang getan, und irgendwann bald wird es weitergehen.

Ideen haben wir genug. Doch das allerbeste ist, dass wir es gemeinsam tun werden. Das Schönste und das größte Geschenk ist und bleibt für mich nämlich mein Reisepartner und mein Freund, der das alles mit mir zusammen erlebt, Tag für Tag.

Danke.




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